Sonnenuntergang auf Rügen

So schön das Familienleben ist – der Alltag ist nicht selten kräftezehrend und Eltern erleben im Aufreiben zwischen Job, Familien und Alltag nicht selten eine Form von Erschöpfung. Hält diese dauerhaft an, wird sie zur Bedrohung für die Gesundheit. Mit dem Ziel, Betroffenen die Möglichkeit zu geben, neue Kraft zu schöpfen und Familien zu stärken, wurde 2015 in Potsdam auf Initiative von Dr. Maria Bovelet und Marina Kayser-Springorum der Phönix e.V. gegründet. Das Ziel: Die Einrichtung einer Mutter/Vater und Kind-Kurklinik mit anthroposophisch-medizinischem und waldorfpädagogischem Konzept. In der Gründungsphase konnten Ruth Kindt-Hoffmann und Dr. Dietrich Voigt als weitere Vorstände hinzugewonnen werden.
Neben den Eltern standen bei der Entwicklung des Konzeptes natürlich die Kinder im Vordergrund. Auch ihnen gilt es zu begegnen, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und vorhandene Erkrankungen zu behandeln.
Die Geschichte der Kur-Klinik von Idee bis zur Eröffnung liest sich fast wie ein Krimi. Denn es gab viele Hürden, die Initiator:innen mussten häufig umplanen und immer neue Gelder akquirieren. Aber sie haben sich nicht entmutigen und von ihrem Kurs abbringen lassen, denn Ende Februar 2024 öffnete die Mutter-/Vater-Kind-Kureinrichtung „Phönix“ in Juliusruh auf Rügen ihre Türen für die ersten Familien. Die Einrichtung verbindet klassische Reha- und Präventionskonzepte um den ganzheitlichen Blick der Anthroposophischen Medizin und Waldorfpädagogik.

Wir wollten mehr erfahren und haben mit der Mit-Initiatorin Ruth Kindt-Hoffmann ein Interview geführt:

DAMiD: Liebe Frau Kindt-Hoffmann, wir gratulieren zur Eröffnung der Kureinrichtung „Phoenix“ auf Rügen. Viele Familien werden sich freuen, wenn sie die Zusagen und den Starttermin für ihre Kur in den Händen halten. Die Idee zu dieser Kur-Klinik gibt es ja schon eine Weile. Welcher Impuls liegt der Idee zugrunde?


Ruth Kindt-Hoffmann (RKH): Meine Kolleginnen und ich kennen uns schon eine Weile. Wir haben durch unsere Arbeit in der Kur-Klinik „Alpenhof“ jahrelang gespürt, wie groß der Bedarf bei Familien ist. Beim Alpenhof gab es lange Wartelisten und da wir Eltern und ihren Kindern unbedingt ein weiteres Angebot machen wollten, haben wir 2015 den Verein Phönix e.V. gegründet. Inzwischen ist die „Phönix auf Rügen e.G.“ als zweiter Rechtsträger hinzugetreten und die Idee ist in die Umsetzung gekommen. Nach der Corona-Zeit ist der Andrang noch größer geworden und wir hoffen Müttern/Vätern und Kindern jetzt auf Rügen nachhaltige Unterstützung anbieten zu können und ihre gesundheitliche Situation zu verbessern. 

DAMiD: Warum haben Sie den Phönix als Wappentier und Namensgeber ausgewählt?


RK-H: Der Phönix ist eine mythische Gestalt, die in Form eines Vogels auftritt und an ihrem Lebensende in Flammen aufgeht – um dann aus der Asche wieder aufzuerstehen. Wir sehen darin das Potential aus einer tiefgehenden Krise gestärkt herauszukommen. Wer Krisen als eine Chance versteht, sich mit sich selbst, verletzenden Lebenserfahrungen oder tiefgreifenden biografischen Momenten auseinanderzusetzen, der kann diese nutzen, um sein Leben neu auszurichten. 

DAMiD: Für wen ist die Kur konzipiert?


RK-H: Im Wesentlichen geht es hier um Prävention. Erwachsene und Kinder mit psychophysischer Erschöpfung, Stressfolgeerkrankungen oder Anpassungsstörungen nach einer schweren biografischen Belastung können aufgenommen werden. Das Ostsee-Klima hat sich bei Erkrankungen von Haut und Atemwegen bewährt. Auch können Stoffwechselerkrankungen wie beispielsweise Adipositas behandelt werden.
Eine Mutter/Vater und Kind-Kurklinik ist auf die Aufnahme von Müttern oder Vätern mit ihrem Kind/ihren Kindern spezialisiert. Familie ist, wenn es gut läuft, der Raum in dem wir uns vom Alltagsstress erholen können. Nistet sich dort selbst über lange Zeit aber Stress ein, dann kann das fatale Folgen für die Gesundheit aller und die Entwicklung der Kinder haben. In dieser Situation will Phönix Familien einen Ort bieten, wo ihre Bedürfnisse wahrgenommen und ihre Gesundheit gestärkt wird und sie in die Lage kommen den Kurs neu auszurichten.

DAMiD: Was kann die Anthroposophische Medizin hier leisten?


RK-H: Die Möglichkeiten der Anthroposophischen Medizin sind sehr vielfältig. Die Körpertherapien, zum Beispiel die Rhythmische Massage oder die Ölbadetherapie, helfen dabei zur Ruhe zu kommen. Heileurythmie dient dem Finden eines neuen psychophysischen Gleichgewichts und mit den künstlerischen Therapien schaffen wir ein Angebot, neue Wege im produktiven Umgang mit biografischen Herausforderungen zu gehen. Im besten Fall können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Therapien nach der Kur im ambulanten Setting weiterführen. Der Kurs zum multimodalen familienzentrierten Stressmanagement führt über Erkenntnis der Zusammenhänge von Stress und Familiengesundheit zu konkreten Veränderungsvorschlägen für den Alltag der Patient:innen.

DAMiD: Jetzt können die ersten Familien anreisen. Wie waren die letzten Wochen vor der Eröffnung?


RK-H: Sehr aufregend! Wir hatten noch letzte bauliche Maßnahmen, die einfach zum eigentlichen Starttermin nicht fertig waren. So mussten wir die Eröffnung nach hinten verschieben. Was zunächst als Katastrophe erschien, zeigte sich als Geschenk für das Team. Dees es gab Zeit, sich noch besser kennenzulernen und den Zusammenhalt zu stärken! Knapp 40 Menschen aus ganz unterschiedlichen Berufen arbeiten jetzt hier zusammen: von Ärzt:innen, Pflegenden und Therapeut:innen über pädagogisches Personal, bis hin zu Verwaltung, Hauswirtschaft und -technik. 

DAMiD: Was ist das Besondere am Ort Juliusruh?


RK-H: Ganz klar die Nähe zur Ostsee! Von der Klinik aus erreicht man in wenigen Gehminuten einen weitläufigen, kilometerlangen Sandstrand. Hier gibt es Platz, Weite und Ruhe. Für stressbelastete Menschen ist das ein Geschenk. Auch befindet sich ganz nah bei der Klinik ein frei zugänglicher alter Gutspark mit tollem, altem Baumbestand. Beides wird bei den angebotenen Therapien einbezogen. Für die Kleinen gibt es einen sehr schönen Spielplatz. Es ist wirklich ein Ort geworden, an dem sich Mütter und Väter mit ihren Kindern wohlfühlen können. So schaffen wir die Basis dafür, dass sich alle von krankmachenden Belastungen lösen und Impulse für Neues aufnehmen können.

Wie geht es für Sie nun weiter?


RK-H: Einiges werde ich, auf Bitten der neuen Vorstände der Genossenschaft und als Vereinsvorstand, weiter für Phönix tun. Aber es entsteht auch Freiraum und meine neun Enkelkinder freuen sich auf die Zeit mit ihren Großeltern. Die Fragen an die Welt und das Leben werden mir nicht ausgehen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Mehr über die Kur-Klinik „Phönix“ gibt es über die Website: https://phoenix-auf-ruegen.de/

 

01. März 2024